Von Bernd Wonde
Die Nacht war bunt und hing in den Seilen. Selten träumte ich bisher in Farbe, aber es hat mich wohl in der zurückliegenden Nacht erwischt. Dies verdanke ich Marc Chagall, dessen Buntglasfenster mit den kräftigen Farben in der Kapelle von Sarrebourg einen bunten Schatten auf meine Träume legten. Und auch die Schirme über der Fußgängerzone erzeugten Bilder im Kopf, als wären es Traumballons, die über der Stadt hängen. Ja, so nachhaltig können Landgänge auf einer Hausboot-Tour auf dem Rhein-Marne-Kanal im Elsass sein.
Unser schwimmendes Hotel
Nach dem Frühstück starten wir gemächlich, denn wir haben keine Eile. Unsere Tour führt uns heute von Sarrebourg nach Saverne. Ein ideales Revier für begeisterungsfähige Entdecker, führerscheinfrei eines dieser beliebten Hausboote zu steuern. Die Penichette steht für einen Bootstyp, der ursprünglich als Lastkahn konstruiert wurde. Uns erwartet eine Strecke von ca. zehn Kilometern, die mit dem Fahrrad oder zu Fuß bequem und entspannt zu bewältigen ist. Wir aber haben uns für die Wasserstraße entschieden und starten voller Tatendrang. In der ersten Schleuse betätige ich die Signalstange, um den automatisierten Schleusengang in Betrieb zu setzen. Nichts passiert. Habe ich die falsche Stange bedient und somit ungewollt einen Alarm ausgelöst? Ratloser Blick und Achselzucken. Nein, das Tor klemmt. Ce la vie sagen wohl die Franzosen.
Der Blick eines Hausboot-Kapitäns
Nach kurzer Wartezeit kommt ein Mechaniker vorbei. Er ist unterwegs auf dem Treidelweg zu seiner Werkstatt. Eine entspannte Plauderei beginnt und, ach ja, nebenbei schließt das Tor. Der Weg ist ja bekanntlich das Ziel, hier gilt diese Weisheit für uns und den Techniker gleichermaßen. Parallel zum Kanal werden wir immer wieder von Fahrradfahrern begleitet. Hier kann man/frau herrlich entspannt, entschleunigt und verkehrsberuhigt fahren.
Auf dem Wasserweg ins idyllische Saverne
Wir nähern uns Saverne. Die Einfahrt zur Schleuse ist offen, die alten Häuser rechts und links der Wasserstraße bilden Teile der Stadtmauer aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Wir machen das Boot fest an der neuen Hafenpromenade gegenüber der Sehenswürdigkeit der Stadt. Das 1790 erbaute Rohan-Schloss mit der längsten klassizistischen Schlossfassade in ganz Frankreich (140m lang) haben wir jetzt in seiner ganzen Pracht im Blick.
Spezialitäten des Elsass genießen
In der Altstadt gibt es zahlreiche Fachwerkbauten, u.a. das Haus des Landschreibers Katz (Foto). Heute wollen wir hier zu Abend essen, Elsässer Spezialitäten: geschmorte Schweinebacke in Bier eingelegt, Sauerkrautgericht mit Schweinshaxe, geschmorte Wädele (Schweinshaxe, kann karamellisiert sein) mit Pflaumen oder Grumbeerekiechle (geriebene Kartoffelpuffer).
Die Weine sind von ausgesuchter Qualität, wir können uns nicht so recht entscheiden. Als Aperitif vorweg ein Picon Bier, ein karamellfarbenes Aperifigetränk. Der Geschmack entsteht unter Verwendung von Orangen bzw. Orangenschalen. Aber auch Enzian- oder Chinarindenbaum-Extrakte werden verwendet. „A votre sante“.
Rückfahrt zur Basisstation des Verleihers nach Lutzelbourg, die Schleusen passieren wir nun als Bergfahrer in entgegengesetzter Richtung. Im Kopf setzen sich Bilder fest, die Postkartenmotiven ähneln, bunte Traumnächte hervorrufen und hängende Schirme zu Traumballons verändern. So endet der Kurztrip einer gefühlt länger andauernden Reise. Die wenigen Tage kommen uns wie, nein, keine Ewigkeit, aber doch geballt und erfüllt vor. Und „unsere“ Penichette nennen wir ab jetzt auch liebevoll Lastkähnchen. Wohl ganz im Sinne der Konstrukteure, die vor ca. 30 Jahren diesen Bootstypen auf Kiel legten.
Fotos: copyright Bernd Wonde (Augenklick)
Ein wundervoller Reisebericht, der mich an meine Fahrradtour entlang des Canals du Midi
erinnert.
… und ich oft den Hausbooten nachgeschaut habe.
Danke Marianne – vielleicht ist das ja eine Anregung vom Fahrrad aufs Hausboot umzusteigen
So foto machen???? I follow you on IG too!
Xoxo Falasha
http://Www.bitemyfashion.com
Thank you Falasha