Als kleiner Junge malte er Frauen mit Netzstrümpfen. Dem Teddy einen roten Kussmund ins Gesicht. Klebte dem Kuscheltier ein korsettähnliches Oberteil aus Pappe auf die Brust, ganz nach dem Vorbild eines alten Korsetts, das er in Omas Krabbelkiste entdeckt hatte.
Madonna und Männer in Schottenröcken
Jean Paul Gaultier, geboren 1952, war ein kreatives, fantasievolles Kind. Mit 15 Jahren zeichnete er eine Kollektion für Kinder. Drei Jahre später stand sein Berufswunsch endgültig fest. Er schickte Pierre Cardin eine Mappe mit seinen Skizzen und hatte Glück: Die Arbeiten gefielen dem Designer und der 18jährige Jean Paul Gaultier bekam den Job als Modezeichner-Assistent. Doch das war erst der Anfang seiner Karriere. Später steckte der Modemacher Männer in Röcke, machte den Matrosenlook gesellschaftsfähig und schuf, inspiriert von keuscher Frauen-Unterwäsche Korsettkleider mit spitzen Körbchen. Gaultier entwarf provokante Bühnenkostüme für Madonnas Bühnenshows und nannte die Sängerin seine Muse. Seit über 40 Jahren provoziert der Modedesigner, genießt den Ruf des Exzentriker der Haute Couture und stellt Geschlechterrollen in Frage.
Mode im Museum
Wer sich von seinem kreativen Schaffen ein Bild machen möchte, sollte sich unbedingt die Ausstellung in der Kunsthalle München ansehen. Die schrille bunte Show “From The Sidewalk To The Catwalk” präsentiert Skizzen, Filmausschnitte, Videos von Modeschauen sowie 140 Kreationen. Vom Müllsackkleid mit Aschenbechertasche bis zu sexy Korsettkleidern in sämtlichen Variationen. Zu den Highlights gehört auch das Kleid von Song Contest-Sängerin Conchita Wurst, das sie bei seinen Haute Couture-Schauen trug. Außerdem Kreationen aus den unterschiedlichen Phasen: von Street-Style über Punk-Look, Puppen mit Irokesenhaarschnitt und Sicherheitsnadeln.
Taftkleider mit Leopardenfell und Perlenstickerei sowie die berühmten Sailorboys in blau-weiß gestreiften Shirts und in langen Röcken. Die originellen Teile sind auf Schaufensterpuppen zu bewundern, die plötzlich anfangen zu sprechen. Und das funktioniert so: Mit Hilfe von Beamern werden auf die Puppenköpfe Videos mit sprechenden Personen projiziert. Sogar der Meister selbst ist dabei und spricht ohne aufzuhören über Mode und sich selbst.
Fotos (11): copyr. Marita Persian
Übrigens: Die Ausstellung in der Kunsthalle München ist noch bis zum 14. Februar 2016 zu sehen
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